Postkarten by Proulx Annie

Postkarten by Proulx Annie

Autor:Proulx, Annie [Proulx, Annie]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Er grub drei Sommer lang immer wieder mit Wulff. Wulff zeigte ihm die Tricks des Gewerbes. Behauptete er zumindest.

»Zwei Regeln, Blood. Hol das Fossil aus dem Boden, wie es ist, und bring’s genauso nach Hause. Und schreib dir jede Scheißangabe über Fundstelle, Gestein und Lage auf, die dir einfällt, und steck die ganzen Angaben zu dem Fundstück. Und das ist in etwa das ganze Geheimnis.«

Bei Bullet lernte er so etwas wie Geduld, das langsame Suchen mit dem Auge und das Gespür für die Obelisken aus cremefarbenem und ochsenblutrotem Stein, für die bröckelnden pfirsichfarbenen Steilfelsen, die weißen Schluchten, die ausschwemmenden Flüsse voll milchigem Wasser, die lila Hügel und Kuppen in der sengenden Hitze, die zum Ersticken war und ihn wünschen ließ, er hätte etwas anderes zu trinken als das nach Gummi schmeckende Wasser aus der Feldflasche.

»Verdammt, Blood, wenn du einen Kaninchenkiefer nicht aus fünf Meter Entfernung erkennen kannst, dann bist du im falschen Geschäft.«

Der Kalkstaub und der feine Sand rauhten ihre Haut auf, entzündeten ihre gereizten Augen. Die Hitze der weißen Erde sprang ihnen wie ein Stromstoß entgegen. Oft zogen sie nach einem Regenguß los in der Hoffnung, die Sturzbäche, die dann die vorher ausgetrockneten Bachbetten hinabschossen, hätten frische Sandsteinschichten losgerissen, neue Fossilien freigelegt. Er lernte, gebückt zu gehen, seine Augen nach Erhebungen und Erdbuckeln Ausschau halten zu lassen, die sich nach oben arbeitende Knochen gebildet hatten. Er nahm Ameisenhaufen auseinander auf der Suche nach winzigen Nagezähnen und Knochen, siebte kleine Muscheln aus dem Sand, überzog bröselige Knochenstückchen, die aus verwitterten Hängen hervorragten, mit Schellack und saß später im Lager mit Bullet, kratzte an verkrusteten Knochen herum, säuberte sie mit einer Zahnbürste oder packte die eingegipsten Fundstücke zum Versand nach Osten ein.

Vorne im Jeep herrschte ein Durcheinander aus Bündeln in Rosa und Türkis gedruckter geologischer Karten. Auf dem Boden rollten Bierflaschen herum. Seine Hüte waren hinter den Sitz geklemmt, unter die Sonnenblenden. Überall auf dem Armaturenbrett kaputte Sonnenbrillen, Brezeltüten. Der rückwärtige Wagenteil war ebenso vollgestopft, mit der Ausrüstung des Fossilienjägers: Gips, Rupfensäcke, Meißel, Klopapierrollen, Zeitungen, große Kannen Leim, Schellack und Alkohol, Kleiderbürsten und Malerpinsel, Klebeband, Zahnstocher und Zahnarztinstrumente und eine Schachtel mit Notizbüchern. In dem Haufen lag das Buch des Indianers begraben, ein billiger Spiralblock, die linierten Seiten fettverschmiert. Er schrieb hin und wieder hinein.



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